Baubericht Einbauschrank

  • Posted on: 19 October 2013
  • By: hurz
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Wow, schon wieder bald ein Jahr vorbei und ich war zu faul beschäftigt um auf dem Blog aktiv zu sein. Zudem ist meine Frau auf ihrem neuen, englischsprachigen Blog (http://www.averyberrylife.org) sehr fleißig, was mich natürlich alt aussehen lässt. Doch das soll endlich ein Ende haben, denn es ist durchaus einiges passiert in den letzten Monaten. Direkt nach der Hochzeitsreise nach Japan und Shanghai hat unsere neue, kleine Familie Zuwachs bekommen in Gestalt eines kleinen Hundewelpen. Ich werde sehr bald ausführlich über Lolas erste Monate bei uns berichten, doch zunächst über ein weiteres Großprojekt, neben Lolas mühsamer Erziehung.

Da wir im Zuge der schrittweisen Verschönerung unserer Wohnung auch die Möbel nach und nach durch hochwertigere ersetzen, wie wir es im Wohnzimmer bereits getan haben, war als nächstes Zimmer das Schlafzimmer an der Reihe. Dieses war noch durch IKEA-Möbel aus meiner Studentenzeit eingerichtet und sah etwas billig und zusammengewürfelt aus, besonders der Nexus-Kleiderschrank:

Alte Schlafzimmer-Einrichtung     

Bevor es an eine Veränderung des Schrankes gehen sollte, haben wir aber das unspektakuläre und mit 140cm etwas kleine Bett durch ein sehr schönes, massives Akazienholzbett im Kolonialstil ersetzt, mit dazu passenden Nachtkästen:

Neue Schlafzimmer-Möbel

Doch was sollte mit dem Schrank passieren? Da die Wandnische im Schlafzimmer sich perfekt zur Integration eines großen Schrankes einigt, hatte ich beschlossen, gleich die ganze Wand auszunutzen, indem ich einen Einbauschrank selbst bauen würde. Wegen der Größe von ca. 345x245x60cm galt es ihn sorgfältig zu planen. Zudem wollte ich die bestehenden IKEA-Kommoden so gut wie möglich im Schrank integrieren, die ihre Schubladen sehr praktisch sind.

Doch ein Punkt war mir besonders wichtig: Obwohl die Wohnung ja Eigentum und nicht zur Miete ist, wollte ich den Schrank mit möglichst wenigen Bohrungen in die angrenzen Wände und Decke und ohne jegliche Beschädigung des Eichenparketts realisieren. Das sollte ziehmlich knifflig werden und ich habe lange über verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten nachgedacht, bis ich auf die für mich beste (wenn auch im Endeffekt komplizierteste) Möglichkeit gekommen bin.

Es sollte nämlich eine Art Fachwerkkonstruktion sein, die sich über zwei schräg verlaufende Balken selbst stützt und im oberen Teil auch gleich die Regelböden passend Platz finden sollten. Da die Balken im unteren Bereich auch mit den Kommoden verschraubt sind, konnte ich mich auf jeweils eine Schraube in Decke und Rückwand beschränken, die wegen der Anordnung der Balken auch keine Kräfte auszuhalten haben. Doch ein paar Bilder dazu sagen wohl mehr als tausend Worte:

Das "Skelett" steht

Wie man sieht, stützt sich das Gewicht der zukünftigen Regalböden im oberen Bereich auf den dortigen schrägen Balken ab. Dieser leitet die Kraft in Rückwand und den unteren schrägen Balken (schließlich also auf den Boden) ab. Um diesen beiden schrägen Balken einen festen Halt zu geben ohne sie individuell mit Decke, Wand und Boden zu verschrauben, finden sie in entsprechenden Ausklinkungen von drei zusätzlichen Balken Platz, die ein U entlang von Decke, Wand und Boden formen. Die kurzen Stücke greifen dabei wie Haken in den langen Balken der Wand, wodurch die gesamte Kosntruktion in sich stabil wird.

Die wirkliche Herausforderung waren die teils schrägen Ausklinkungen, die ich auf Grund der Dimensionen der flachen Balken (44x94mm) nicht mehr mit der Sticksäge machen konnte, sondern stattdessen von Hand mit dem Stechbeitel. Alle diese "tragenden" Balken hat meine hilfsbereite Frau dunkel lasiert, um einen Kontrast zu den hellen Regelböden und IKEA-Kommoden zu bilden. Die folgende Zeichnung soll nochmal die Anordnung der Balken verdeutlichen, von denen es in dieser Kombination insgesamt drei gibt. An den seitenwänden kommen dagegen einfache flache Balken zum Einsatz, mit Aussparungen für die Regalböden.

Ausklinken und Lasieren der Balken   Die Balken für Decke und Boden

Diese Art der Konstruktion sollte aber einen weiteren, noch wichtigeren Zweck erfüllen, wie man an den hervorstehenden "Zähnen" der Deckenbalken erkennen kann. Da der ganze Schrank durch diese Konstruktion recht offen gestaltet ist und keine senkrechten Balken für die Montage von regulären Türen bietet und weil für solche sowieso kaum Platz zum Bett hin ist, hatte ich mich für hängende Schiebetüren entschieden. Deren Führung sollte in Kanthölzern an der Decke befestigt sein, die wiederrum auf den Zähnen der obigen Balken ruhen und mit lediglich drei weiteren Schrauben in der Decke gehalten werden.

Um die Führung am Boden ohne Beeinträchtigung des Parketts zu gestalten, bin ich glücklicherweise auf ein tolles System auf ebay gestoßen, welches eben dies bietet. Die insgesamt geplanten vier Türen werden somit oben und unten in jeweils eine Doppelschiene eingehängt und lassen sich ohne Berührung des Bodens aneinander vorbei schieben. Zur Befestigung der unteren Führungsschiene habe ich flache Bretter benutzt, die an die unteren Balken geschraubt wurden.

Neben diesen praktischen Aspekten in der Handhabung des Einbauschrankes hatte ich mir ein weiteres "Feature" überlegt: Der Schrank sollte von innen beleuchtet sein, im Idealfall die vier einzelnen Bereiche über Sensoren individuell gesteuert. Dazu habe ich an drei Stellen LED-Streifen in passende Aluprofile eingesetzt: Vorne, an der Decke des Schrankes nach innen hin; in der Unterseite der unteren Regalböden; sowie auf den erwähnten Brettern am Boden des Schrankes. Angesteuert werden die Streifen in jedem Teil des Schrankes individuell durch sehr kleine PIR-Sensoren, die über Leistungs-MOSFETs die 12V auf die LEDs schalten.

LED-Beleuchtung in den Böden   Zusätzliche Beleuchtung an der Decke

Die Sensoren sind mit Blick nach oben in den Brettern am Boden eingebaut, mit der gesamten Kabelführung unsichtbar unter den Brettern und hinter der unteren Führungsschiene. Der Erfassugswinkel der Sensoren von etwa 120° und dieser spezielle Typ von Sensor sorgen dafür, dass das Licht des Schrankes nur angeht, wenn eine Tür offen ist und sich ein Mensch davor bewegt, was ein ungeweolltes Auslösen beim Vorbeigehen am geschlossenen schrank verhindert.

Die Regalböden selbst bestehen aus einfachen Leimholzbrettern und sind in den Ecken so ausgespart, dass sie sich einfach in die bestehende Balkenkonstruktion einsetzen lassen. Zur Vervollständigung des Innenausbaus fehlte jetzt nur noch die Kleiderstange im Mittelteil, für die zwei Reste einer hözernen Vorhangstange deinen sollten, sowie einige Details wie der Garderobenhänger als Hutständer.

Im Mittelteil unten war allerdings noch etwas Platz vorhanden, den ich als Schuhregal nutzen wollte. Da einfache Ablagen auf der Länge von etwa 80cm nicht besonders viel Platz bieten würden, ließ ich mir auch hier wieder etwas besonderes einfallen, um den Platz für Schuhe zu verdoppeln. Beide Ablagen können über Scharniere hochgeklappt werden, um weniger häufig benutzte Schuhe in dem sonst ungenutzten Freiraum auf dem Boden sowie zur Wand hin unterbringen zu können.

Klappe des Schuhregals

Mit diesem Detail war der Innenausbau des Einbauschrankes fertig und es konnte mit dem Bau der Türen weitergehen. Diese sollten etwas knifflig werden, da sie trotz ihrer Größe von etwa 235x90cm stabil, verzugsfrei und doch nicht allzu schwer werden sollten. Außerdem musste die Oberfläche zu den restlichen Schlafzimmermöbeln passen. Dadurch und auch wegen der Kosten schied massives Holz bereits aus, ebenso Multiplex oder MDF in relevanter Dicke.

Ich hatte kurz über die Verwendung von Tischlerpaltten nachgedacht, mich aber dann doch für eine Lösung entschieden, die ich in den weiten des Internets so schon mal gesehen hatte: Eine dünne Span- bzw. MDF-Platte beklebt mit einem zu den Möbeln passenden Laminat. Für die nötige Steife in der Länge sorgen zusätzliche Alu-U-Profile als Rahmen um jede Tür. Zur Öffnung dienen Griffmuscheln, deren Aussparung ich nach dem finalen Zuschnitt per Handkreissäge in die Türen gefräst habe.

Eine der vier Türen   Vordere und hintere Tür zueinander

Für die mittleren Türen hab ich mir eingebildet Spiegel in das Laminat einzulassen. Im Nachhinein eine blöde Idee, weil es erstens sehr kompliziert wurde die Laminatfliesen passend auszuschneiden und ich dann promt beim letzten Zuschnitt der Türen einen Fehler gemacht hatte und der Spiegel der linken Tür nun etwas zu weit links liegt. Nachträgliches Aufkleben hätte mir also viel Ärger erspart, aber im nachher ist man immer schlauer.

Die Türen werden mit kugelgelagerten Beschlägen (mal wieder eBay) in die obere Führungsschiene eingehängt. Unten werden die Türen über horizontal gelagerte Rollen geführt und in definiertem Abstand zueinander gehalten. Nach ein bisschen Feintuning mit den Abständen und dem sauberen Lauf sowie dem Anbringen von Stoppern und ein wenig Dämpfung zur Wand hin, war der Schrank auch schon (oder endlich!) fertig.

Nach einiger Zeit sollte sich aber doch ein gefürchtetes Problem zeigen: Die Türen haben sich leicht verzogen und nach vorne ein wenig gewölbt. Drei der vier Türen zeigen das aber im selben (kaum merklichen) Maße, die vierte tanzt allerdings ein wenig aus der Reihe und musste neu geklebt werden, da es eine der hinteren Türen war. Nachgebessert war dann schließlich alles ok und der Schrank endlich fertig:

Der fertige Schrank
Der fertige Schrank

Ich kann dieses neueste, sehr ambitionierte Heimwerkerprojekt also guten Gewissens als gelungen bezeichnen und wir haben seitdem viel Freude an unserem neuen Schrank und genießen den zusätzlichen Platz innen und durch die Schiebetüren auch außen. Und trotz der Mühe und Freizeit die es mich gekostet hat, habe ich bereits die nächsten Ideen im Hinterkopf über die ich natürlich auch hier berichten werde!

Noch mehr Impressionen vom Schrank und dem Bau aus Sicht meiner bezaubernden Frau gibt es auf ihrem wunderbaren Blog: http://www.averyberrylife.org/story/closet-finished-weeeee